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Keine trüben Gedanken bei Kündigung oder Arbeitslosigkeit

Mein 5-Punkte-Plan, wenn Sie von Kündigung oder Arbeitslosigkeit bedroht sind

Es gibt berufliche Situationen, die keiner braucht und die ich keinem wünsche. Dazu gehört Kündigung und die damit verbunden drohende Arbeitslosigkeit. Allerdings ist so ein einschneidendes Erlebnis, so schmerzhaft es auch sein mag, kein Weltuntergang. Der folgende Artikel zeigt Dir, wie Du mit Deiner Kündigung umgehst und so durchaus gestärkt aus dieser beruflichen Krise hervorgehst.

1. Bereite Dich auf Deine Kündigung vor

Spiele das Szenario „Mir wurde gekündigt, was nun?“ durch. Der Gedanke gefällt Dir nicht und Du hältst solche Planspiele für pure Zeitverschwendung? Glaube mir, solange Du angestellt bist, gehst Du mit diesem Thema leichter und lockerer um. Du empfindest keinen Zeitdruck oder Frustration. Du kannst viele Dinge im Vorfeld bedenken und erledigen, die Dir bei einer ausgesprochenen Kündigung auf die Füße fallen.

Nachtigall, ik hör dir trapsen

Bewerte regelmäßig die Situation Deines Unternehmens. Ist es auf Kurs oder in Schieflage? Was sind die offiziellen Statements der Führungsetage? Was sagt der Flurfunk und die Kaffeeküche? Welche Informationen erhältst Du über das Internet? Mache Dir ein komplettes Bild aus Deinen formellen und informellen Kontakten. Ziehe die richtigen Schlüsse.

Mittendrin oder Außenseiter: Bewerte Deine Stellung im Unternehmen

Überprüfe regelmäßig Deine eigene Situation. Sitzt Du  (noch) fest im Sattel? Ändert sich das Verhalten Deiner Vorgesetzten oder Kollegen Dir gegenüber? Fühlst Du Dich zunehmend isoliert, abgekapselt, deplatziert? Ob wöchentliche Abteilungsmeetings oder persönliche Mitarbeitergespräche: Lese zwischen den Zeilen.

Bewerbung vorbereiten

Bereite Dich auf den Tag X vor. Aktualisiere Deine Bewerbungsunterlagen. Vernetze Dich über persönliche und berufliche Kontakte, nutze Xing und LinkedIn. Halte Dich fachlich up-to-date und erweitere Deine Kenntnisse in Deiner Branche. Stecke nicht den Kopf in den Sand, sondern durchdenke mögliche Zukunftsszenarien. Teste Deinen Marktwert: Erstelle Suchprofile in den einschlägigen Jobbörsen wie Indeed oder StepStone.

Rechtschutzversicherung für den Fall der Fälle

Ich empfehle, eine Rechtschutzversicherung abzuschließen, die auch arbeitsrechtliche Fragen abdeckt. Eine Rechtschutzversicherung kostest im Jahr um die 200 Euro. Wenn Du diese nicht benötigst, gut. Ansonsten gibt sie Dir die nötige Sicherheit, wenn Du Dich ungerecht behandelt fühlst und es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung bezüglich Kündigung, Aufhebungsvertrag oder Abfindung kommt. Im Falle eines Rechtsstreits zahlst Du so lediglich eine Eigenbeteiligung in Höhe von 100-200 Euro.

Bereite Dich auf den Tag X vor. Aktualisiere Deine Bewerbungsunterlagen. Vernetze Dich über persönliche und berufliche Kontakte, nutze Xing und LinkedIn. Halte Dich fachlich up-to-date und erweitere Deine Kenntnisse in Deiner Branche. Stecke nicht den Kopf in den Sand, sondern durchdenke mögliche Zukunftsszenarien. Teste Deinen Marktwert: Erstelle Suchprofile in den einschlägigen Jobbörsen wie Indeed oder StepStone.

2. Tag der Kündigung: Ruhe bewahren (leichter gesagt als getan)

Frau erfährt von ihrer Kündigung

Vielleicht hast Du es kommen sehen oder es passiert wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Ein kurzfristig anberaumtes Meeting mit Deinem Chef am Nachmittag. Spätestens wenn bei diesem Gespräch auch eine Person von HR zugegen ist, wir es Dir dämmern: Dir wird mehr oder minder wortgewaltig gekündigt.

Emotionen kontrollieren

Lass Dich zu keiner unkontrollierten Reaktion wie einem Wutanfall oder wüste Beschimpfungen hinreißen. Ich weiß, dass ist leichter gesagt als getan. Emotionen in einer solchen Ausnahmesituation lassen sich schwer kontrollieren und fallen je nach Persönlichkeitstyp unterschiedlich aus. Der eine springt entrüstet auf, während der andere lautlos in sich zusammensackt. Lass Dich zu keiner überzogenen Reaktion hinreißen, die Du womöglich später bereust.  

Kühlen Kopf bewahren

Unterschreibe nichts, quittiere allenfalls die Aushändigung des Kündigungsschreibens. Möglicherweise bietet man Dir auch einen Aufhebungsvertrag mit einer Abfindung an. Auch hier mein Rat: Unterschreibe nichts, lass Dich nicht unter Druck setzen. Wenn Du z.B. einen Aufhebungsvertrag oder eine Abwicklungsvereinbarung unterschreibst, können Dir Nachteile bei der Bewilligung von Arbeitslosengeld entstehen. Etwa, wenn die ordentliche Kündigungsfrist nicht eingehalten wird. Bespreche Dich mit guten Freunden, mit Deinem Partner. Und hole Dir vor allem fachlichen Rat.

Die Ruhe nach dem Sturm

Schnaufe durch und gehe unverzüglich 3 Dinge an, die zeitkritisch sind und die Du parallel bearbeiten solltest: Arbeitslosengeld beantragen, Prüfung der Kündigung und berufliche Neuorientierung.

3. Arbeitslosengeld beantragen

Du brauchst kein schlechtes Gefühl zu haben oder Dich gar schämen, wenn Du Arbeitslosengeld beantragst. Arbeitslosengeld ist keine Sozialleistung, sondern eine Versicherungsleistung, auf die Du eingezahlt hast und die Dir zusteht. Du hast Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn Du in den letzten 30 Monate mindestens 12 Monate in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden haben. So kommst Du zu Deinem Arbeitslosengeld:

Anlaufstelle-bei-Arbeitslosigkeit

Arbeitssuchend melden

Melde Dich spätestens 3 Monate vor Ende Deines Arbeitsverhältnisses arbeitsuchend. Wenn Du erst später erfährst, dass Du arbeitslos wirst, melde Dich innerhalb von 3 Tagen arbeitsuchend. Du kannst Dich telefonisch unter 0800 4 555500 oder online arbeitssuchend melden. Oder melde Dich persönlich vor Ort in Deiner Agentur für Arbeit arbeitssuchend, sofern die Agenturen wegen Corona nicht geschlossen haben.

Arbeitslos melden

Melde Dich spätestens am ersten Tag ohne Beschäftigung persönlich bei Deiner zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos. Das ist ganz wichtig! Bringe zu diesem Termin Deinen Personalausweis oder Reisepass mit Meldebestätigung, Deine Aufenthaltserlaubnis und Arbeitserlaubnis, Deinen Sozialversicherungsausweis oder Sozialversicherungsnummer und Dein Kündigungsschreiben/Deinen Arbeitsvertrag mit. Wenn die Agenturen wegen Corona geschlossen sind, melde Dich telefonisch arbeitslos.

Arbeitslosengeld beantragen

Antrag zügig stellen

Das Arbeitslosengeld wird immer erst ab der Antragstellung bezahlt, also nicht rückwirkend. Warte also nicht, sondern stelle den Antrag spätestens am ersten Tag Deiner Arbeitslosigkeit.  Tipp für ältere Semester: wenn Du bald 50, 55, oder 58 Jahre alt wirst, solltest Du eventuell mit der Antragstellung warten. Unter 50 erhältst Du maximal für ein Jahr Arbeitslosengeld. Wenn du 58 oder älter bist und in den letzten 5 Jahren 4 Jahre versicherungspflichtig beschäftigt warst, erhältst Du 24 Monate Arbeitslosengeld.

Ich empfehle Ihnen, den Antrag online über den eService zu stellen. Über den eService sind alle Vorgänge dokumentiert und Du sparst Dir den Papierkram und unnötige Behördengänge.  Eine Ausfüllhilfe vom Arbeitsamt gibt es hier. Alternativ kannst Du Dir in Deiner Agentur für Arbeit ein Antragsformular holen oder schicken lassen, um den Antrag schriftlich zu stellen.

Arbeitsbescheinigung einholen

Für die Bearbeitung Deines Antrages benötigst Du eine Arbeitsbescheinigung, die von Deinem Arbeitgeber auszufüllen ist. Dein Arbeitgeber ist zum Ausfüllen der Arbeitsbescheinigung verpflichtet und wird diese entweder an Dich oder in elektronischer Form direkt an die Agentur für Arbeit übermitteln. Kontrolliere die Bescheinigung auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Falls Du zusätzliche Einmalzahlungen erhältst, kontrolliere, ob ein etwaiger Jahresbonus (8.1) und/oder eine Abfindung wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses (9.4) korrekt eingetragen ist. Auch wenn Du bereits einen neuen Job in Aussicht hast, solltest Du diese Arbeitsbescheinigung einfordern, damit Deine Berufsjahre lückenlos dokumentiert sind. Falls Du in Zukunft wieder arbeitslos werden solltest, sparst Du so Zeit und musst nicht Deinem Ex-Arbeitgeber hinterher telefonieren bzw. den es zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr gibt.

Das Arbeitslosengeld wird immer erst ab der Antragstellung bezahlt, also nicht rückwirkend. Warte also nicht, sondern stelle den Antrag spätestens am ersten Tag Deiner Arbeitslosigkeit.  Tipp für ältere Semester: wenn Du bald 50, 55, oder 58 Jahre alt wirst, solltest Du eventuell mit der Antragstellung warten. Unter 50 erhältst Du maximal für ein Jahr Arbeitslosengeld. Wenn du 58 oder älter bist und in den letzten 5 Jahren 4 Jahre versicherungspflichtig beschäftigt warst, erhältst Du 24 Monate Arbeitslosengeld.

Ich empfehle Ihnen, den Antrag online über den eService zu stellen. Über den eService sind alle Vorgänge dokumentiert und Du sparst Dir den Papierkram und unnötige Behördengänge.  Eine Ausfüllhilfe vom Arbeitsamt gibt es hier. Alternativ kannst Du Dir in Deiner Agentur für Arbeit ein Antragsformular holen oder schicken lassen, um den Antrag schriftlich zu stellen.

Identitätsprüfung

Sofern Du Dich auf Grund der aktuellen Schließung der Agenturen für Arbeit telefonisch oder auf anderem Wege arbeitslos gemeldet hast, gib in Deinem Online-Antrag an, dass noch keine persönliche Arbeitslosmeldung erfolgt ist. Die Prüfung der Identität kannst Du dann bequem von zuhause über das Selfie-Ident-Verfahren durchführen. Wenn Du das nicht willst oder das Selfie-Ident-Verfahren fehlgeschlagen ist, wirst Du alternativ zu einem Termin zur Identitätsbestätigung in Deine Agentur eingeladen. Dein Antrag wird in der Zwischenzeit geprüft und vorläufig beschieden. 

4. Kündigung prüfen lassen

Recht haben ist nicht immer Recht bekommen

Kannst Du die Kündigung nachvollziehen oder bist Du mit dem Inhalt des Kündigungsschreibens nicht einverstanden? Handelt es sich um eine personenbedingte, verhaltsensbedingte oder betriebsbedingte Kündigung? Ist die Kündigung formal korrekt abgefasst? An all diesen Fragen siehst Du schon, dass der Laie überfordert ist und ein Fachmann ranmuss. Außerdem ist Eile geboten.

Kündigung rechtlich prüfen

Schon drei Wochen nach Zugang einer Kündigung muss die Klage des Arbeitnehmers beim Gericht liegen. Versäumst Du die Frist, wird die Kündigung wirk­sam, selbst wenn sie unbe­rechtigt war. Wichtig: Suche Dir unbedingt einen rechtlichen Beistand, der Dich berät und gegebenenfalls vertritt. Wenn Du, wie oben beschrieben eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben, bist Du fein raus und zahlst nur den Eigenanteil. Solltest Du keine Versicherung abgeschlossen haben, empfehle ich Dir zumindest eine Erstberatung. Die Kosten einer Erstberatung sind nach §34 des Rechtsanwaltvergütungsgesetz auf maximal 190 Euro zzgl. Umsatzsteuer gedeckelt.

Kündigungsschutzklage

Überlege gemeinsam mit Deinem Rechtsbeistand, ob Du eine Kündigungsschutzklage einreichst. Sie kann schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden; vor den Arbeitsgerichten erster Instanz herrscht kein Anwaltszwang. Du kannst also Deine Klage auch ohne rechtlichen Beistand direkt beim Arbeitsgericht aufnehmen lassen. Besser ist es auch hier, wenn ein Fachmann die Klage vorbereitet und die Verhandlungsführung übernimmt. Der Name Kündigungsschutzlage mag etwas irritierend sein. In vielen Fällen wird keine Wiedereinstellung angestrebt, da das Vertrauensverhältnis aufgrund der Kündigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oft zerrüttet ist. Stattdessen geht es um zusätzliche Zugeständnisse seitens des Arbeitgebers.

5. Berufliche Neuorientierung

Bist Du mit einem illustren Freundeskreis gesegnet, der Dich bei der Jobfindung berät und unterstützt? Gut! Verfügst Du über ein hervorragendes berufliches Netzwerk, das es Dir jetzt leicht macht, in ein neues Beschäftigungsverhältnis zu wechseln? Sehr gut! Oder bist Du ein Einzelkämpfer, der genau weiß, was er will und wie er sein Ziel erreicht.

Zeit-für-berufliche-Neuorientierung

Vielleicht begreifst Du Deine Kündigung auch als Chance, Dich beruflich neu zu erfinden. Eine kleine Auszeit zum Nachdenken wäre schön, anstatt sich in ein neues Abenteuer zu stürzen. Sinnkrise ist vielleicht zu hoch gegriffen, aber Du wünschst Dir mehr Akzeptanz und Wertschätzung im nächsten Engagement. Neben dem Broterwerb soll die nächste berufliche Herausforderung Deine Bedürfnisse und Sehnsüchte befriedigen. Im besten Fall sollte Dein nächster Job Deine Berufung sein.

Wie in Rechtsfragen weiter oben beschrieben ist in dieser Phase fachlicher Beistand nicht zwingend notwendig, aber sehr empfehlenswert. So bieten private Coaches und Berater ihre Dienste an, die Dir bei der beruflichen Neuorientierung und Wiedereingliederung mit Rat und Tat zur Seite stehen und Dich auf Deinem Weg unterstützen. Ich biete z.B. Einzelcoaching, individuelle Beratung auf Augenhöhe sowie flexible Beratungszeiten in Wohlfühlatmosphäre in Berlin-Steglitz nahe der Schlossstrasse oder online an.

Alternativ unterstützt Dich die Agentur für Arbeit durch „Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung“. Sie bietet u.a. Coachings an, die mit dem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein kurz AVGS gefördert werden. Der AVGS ist eine sogenannte Ermessensleistung, was bedeutet, dass Du keinen Rechtsanspruch darauf hast.

Bitte beachte, dass es sich bei den oben aufgeführten Punkten um keine Rechtsberatung handelt, sondern die von mir empfohlene Vorgehensweise darstellt. Welche Tipps und Gedanken Du beherzigen wirst, überlasse ich Dir. Auch die Gesetzeslage kann sich künftig ändern.

(Bilder: pixabay.com)

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