Nehmen wir dieses Highlight zum Anlass, um einmal gemeinsam auf das Schachbrett zu schauen. Egal, ob wir in einem Startup, in einem Familienunternehmen oder einem Großkonzern arbeiten; es gibt einiges, was wir vom Schachspiel für unsere Berufswelt lernen und übertragen können. Eine besonders herausragende Rolle nimmt dabei die Dame ein.
Schach. Macht. Karriere.
Wie passen Schach und Beruf zusammen? Das Spiel der Könige und der Arbeitsalltag haben mehr gemeinsam als es auf den ersten Blick scheint. Es geht um Entwicklung im Beruf und auf dem Schachbrett. Einen Plan mit Leidenschaft verfolgen oder verwerfen. Es geht um Perspektivwechsel und Zukunftsplanung. Es geht darum, sich zu fokussieren, Strategien zu durchdenken und zu verwerfen. Entscheidungen zu treffen und mit den Konsequenzen zu leben. Potenzial, welches schlummert, zur treibenden Kraft werden zu lassen. Sich um Ausgleich bemühen.
Schauen wir uns die Rollenverteilung auf dem Schachbrett genauer an. Der König entscheidet über Sieg oder Niederlage. Er ist eher schwach und limitiert, aber ohne ihn geht nichts. Alle Figuren können vom Brett gefegt werden, aber wenn der König fällt, ist das Spiel verloren. Der König in der Berufswelt kann der Patriarch sein, der CEO oder der Abteilungsleiter. Vielleicht war der König früher ein Bauer oder Springer und hat Karriere gemacht. Jedenfalls verfügt er nun über Macht, aber über einen sehr begrenzten Aktionsradius. Er zieht sich am liebsten in die hinterste Reihe zurück und rochiert, von seinem Team geschützt in eine Ecke, wo er abgeschirmt und sicher ist. Der König kann mit seinen Untertanen nur im engen direkten Kontakt in Beziehung treten, Nah- statt Fernwirkung. Er vermeidet die direkte Konfrontation: Es ist ihm unmöglich, seinem Kontrahenten direkt gegenüber zu treten, im Schach zu gebieten. Ein König kann seinen Kontrahenten nicht schlagen, nicht schachmatt setzen! Dieses muss sein Team einschließlich der Dame übernehmen, dass ihn auch vor feindlichen Angriffen schützt.
Auch das gibt es auf dem Schachbrett wie im Berufsleben. Nach aufreibenden langwierigen Schachzügen, Rochaden, Bauern- und Damenopfern, reicht man(n) sich versöhnlich die Hand – die Partie endet remis. Viel Lärm um nichts.
Macht. Frau. Karriere.
Nachdem Beth Harmon in der Netflix Serie Damengambit brilliert hat, ist das königliche Spiel auch in den Fokus der weiblichen Zuschauer gerückt. Und die Wahl-Berlinerin Elisabeth Pähtz darf seit November dieses Jahres als erste Deutsche den Titel Großmeister tragen. Das Schachspiel erlebt eine Renaissance. Vielleicht ein Kontrapunkt zu einer schnelllebigen, kurzatmigen Zeit ohne Verschnaufpause. Entschleunigung und Muße sind angesagt!
In jeder Frau steckt eine Königin. Soweit, so gut. Aber welche Rolle spielt die Königin im Schach und in der Berufswelt?
Auf dem Schachbrett steht die Dame zu Beginn an des Königs Seite. Beide begegnen sich auf Augenhöhe, überragen die anderen Figuren. Damengambit und Königsgambit werden im Schachjargon gleichermaßen gebraucht wie Damenflügel und Königsflügel. Die Königin ist die mächtigste Figur. Quicklebendig flitzt sie über das Schachbrett. Sie verfügt über den größten Aktionsradius. Im Zentrum entfaltet sie ihren größten Handlungsspielraum, weiß sich aber immer wieder klug zurücknehmen, wenn die Situation es erfordert und eine Position am Rand einnehmen, um das Geschehen zu überschauen. Sie liebt die distanzierte Kontrolle und lenkt aus der Ferne. Die Königin ist uneigennützig und trachtet in Verbund mit den anderen Figuren danach, den eigenen König zu schützen und gleichzeitig einen Vorteil auszuarbeiten, um den feindlichen König zu stürzen. Beide Ziele verfolgt sie konsequent bis zur Selbstaufgabe.
Ein Hoch auf die Damen dieser Welt
Wer ist nun mächtiger, der König oder die Dame, wer einflussreicher? Wer stellt sich im Dienst der gemeinsamen Sache? Wer ist bereit, sich zu opfern? Wer ist unglaublich gut vernetzt, schafft Allianzen zum Schutz des Unternehmens oder des Teams?
Ist Schach frauenfeindlich, anachronistisch, wo talentierte Damen stets die zweite Geige spielen? Oder verinnerlicht nicht gerade das Schachspiel, dass Frauen Männern sowohl im Berufsleben als auch auf dem Schachbrett ihrer Zeit voraus sind und visionär denken. Frauen, Damen, Königinnen habe es geschnallt, worum es wirklich geht: Im Team zusammen zu halten, für ein gemeinsames Ziel zu arbeiten, sich gegenseitig zu unterstützen, sich mit ihrer Rolle zu identifizieren.
Während sich also die Dame mutig in die Schlacht wirft, sich positioniert, flüchtet der König in die letzte Reihe, mutiert zu einer Randfigur. Er kann sich darauf verlassen, dass sein Team alles geben wird, um sein Leben zu verteidigen und gleichzeitig dem gegnerischen König zuzusetzen.
Frau.Macht.Mut.
Im Schach – wie auch im echten Leben – ist die wahre Macht weiblich. Queen Elisabeth II. sieht sich in langer Tradition ihrem Land verpflichtet und dient. Eine Angela Merkel hat Deutschland wohlwollend unspektakulär als Bundeskanzlerin 16 Jahre ohne Getöse durch gute und schwere Zeiten geführt. Persönlich würde ich es begrüßen, wenn künftig einmal China und die Vereinigten Staaten von Frauen regiert würden. Zumindest in den USA bin ich zuversichtlich, dass dies bald Realität wird.